Mittwoch, Oktober 19

Magische Orte: warum erinnert der Ahornboden noch heute an den 30 jährigen Krieg?

Im Karwendel habe ich einen neuen magischen Ort gefunden. Der große Ahornboden liegt am Ende des Risstales in Tirol, ist aber nur von Deutschland zu erreichen. Dafür muss man vom Sylvensteiner See oder über die Mautstrasse von Wallgau aus bis zum alten Posthof an der Isar nach Vorderriss folgen. Bereits an diesem abgelegenen Ort fühl man sich in eine andere Zeit versetzt. Die Isar wird hier noch nicht gestaut, so dass Sie ein beinahe 300m breites Urstromtal bildet.

der große Ahornboden

Und dann geht es erst los, man fährt noch 25km den Rissbach folgend ins Karwendel hinein. Irgendwann quert man den Rissbach und befindet sich in Österreich. Wie so oft erkennt man dies an den anders designten Strassenpfosten.

Nun geht es über Hinterriss (hier kann man Gämsen in einem Gatter sehen) an eine Mautstation und dann kündigen die ersten Ahornbäume auch schon die weite Alm am Ende an. Hier weitet sich nämlich plötzlich das schmale Rissbachtal zu einer weiten, grünen Talalm. Wegen der hohen Felswände an 3 Seiten hat es mich an das Yosemite Tal erinnert. Zwar wird das Tal mit Vieh bewirtschaftet ist aber als Sonderfall von über 2000 Ahornbäumen bewachsen (bei einer Zählung in den 60er Jahren waren es 2409). Die Bäume sind ziemlich knorrig und 300-600 Jahre alt.


knorrige Bergahorne am Ahornboden


Das Tal wir seit Jahrhunderten von Tiroler Bauern bewirtschaftet, trotz der völlig abgelegenen Lage. Ja man hat sogar ein Schwert aus der Bronzezeit gefunden. Die Engalm am Ende des Ahornbodens ist dabei im Winter wegen Lawinengefahr komplett verlassen.

Aber warum hat man dann nicht die Ahornbäume abgeholzt, um das Tal viel effizienter zu bewirtschaften?

Bergahorne Ahornboden Eng


Der 30-jährige Krieg muss eine furchtbare Zeit gewesen sein. Wenn man liest was ein Schwedentrunk ist, oder wie München oder Magdeburg geplündert wurden, kann man sich vorstellen, dass ganze Landstriche entvölkert waren. So muss es auch im Risstal gewesen sein. Viele der Bäume kann man ziemlich genau auf die erste Hälfte des 17. Jahrhunderts datieren (30 jähriger Krieg 1618-1648). Daher wuchsen über 30-50 Jahre Ahornbäume am Boden der Alm aus ohne von Vieh oder Menschen abgeholzt zu werden. Schliesslich müssen Sie zu gross geworden sein, als dass man Sie noch abholzen konnte.

alter Bergahorn am Ahornboden Eng Karwendel

Heute erreichen einige dieser alten Kriegsbäume Ihre natürliche Altersgrenze und zersplittern oder verfaulen. Immerhin gibt es ein Projekt, neue Ahornbäume anzupflanzen, damit die eindrucksvolle Kulturlandschaft erhalten bleibt (zur Baumpatenschaft).

Wenn ich beim Wandern unterwegs bin, bin ich oft von den Andenken-Materln fasziniert. Ein ganz besonderes habe ich kurz vor der Engalm entdeckt, etwas abseits des Weges an einer kleinen Baumgruppe. Hier muss ein Jäger beim edlen Waidwerken verstorben sein:

"Nach einem guten Schuss kam er in Gottes Schoss"

Materl Jäger Ahornboden

Dienstag, Februar 23

Was es mit den roten Kabeln im Münchener Westen auf sich hat

Rote Kabel Schwanthaler Höhe
Sie hängen lose von den Dachrinnen, Sie führen offen an den Gehwegen entlang, Sie liegen in Bündeln an den Strassenkreuzungen: Rote Kabel machen mich in der Schwanthaler Höhe seit Wochen stutzig. Geht es hier um Datenklau im großen Stil? oder wird hier etwa Strom abgezapft? NSA in München?

Rote Kabel Bündel Schwanthaler Höhe München

Rote Kabel übertragen Daten


Nach einigem Suchen habe ich tatsächlich eines der wenigen Infoposter gefunden. Die Stadtwerke München führt derzeit seismische Messungen durch. Seismische Messungen in München? Leben wir hier etwa auf einem Pulverfass von Erdbebengebiet? München in einer Reihe mit Tokio, San Francisco oder Neapel?

Nein so schlimm ist es dann doch nicht. Die seismischen Messungen sind scheinbar die Grundlage für spätere Bohrungen zur Anzapfung von Geothermie. Durch die Messungen soll ein detailliertes Bild der geologischen Beschaffenheit des Untergrundes erstellt werden.

 

Vibro Fahrzeuge erzeugen seismische Wellen


Damit die Kabel auch wirklich Messungen übertragen bedarf es der Vibration des Bodens durch spezielle Vibrations-Fahrzeuge (liebevoll von der SWM Vibro Fahrzeuge genannt). Und diesen Fahrzeugen möchte ich im Gegenverkehr lieber nicht begegnen:

Vibro Fahrzeuge München Geothermie Seismik
Quelle: geothermie-traunstein.de
Die SWM wollen München zur ersten deutschen Grossstadt machen, in der die Fernwärme zu 100% aus erneuerbaren Energien (Geothermie) kommt. Dabei ist der Münchner Süden scheinbar besser geeignet als der Norden. Das liegt daran, das die Kalksteinschicht zu den Alpen im Süden abfällt und das Wasser daher tiefer und somit mit höherer Temperatur vorhanden ist. Alle weiteren Details erfährt man auch im schönen Geothermie Video auf dem Youtube Kanal der Münchner Stadtwerke:



Bis März 2016 sollen die Seismik Messungen aber abgeschlossen werden und die roten Kabel dürften auch in der schwanthaler Höhe abmontiert sein.

Sonntag, Januar 3

Mit dem Wasser schwindet der Mythos: Alt-Fall taucht wieder auf

Der Silvensteiner Speichersee staut die Isar vor Bad Tölz und wurde in den 50er Jahren angelegt. Über eine gewaltige Staumauer konnte nun Energie gewonnen werden und der Wasserablass in die Isar kontrolliert werden. Bis dahin waren Städte wie Bad Tölz, Wolfratshausen oder auch München jedes Frühjahr von Hochwässern bedroht, nun wurde die Isar zu einem zahmen Gebirgsbach.

Silvenstein See Brücke

Die Brücke erinnert mich heute an einen norwegischen Fjord. Sie geht nicht nur gerade über das Tal, sondern schmiegt sich kurvig über den See.

Damit man überhaupt soviel Wasser aufstauen konnte musste damals der kleine Forstarbeiter - Weiler Fall den Wassermassen weichen und umgesiedelt werden. Fall? Ja, kleine Berühmtheit erlang der winzige Ort durch den Heimatroman von Ludwig Ganghofer: "Jäger von Fall" (hier bei Youtube als Verfilmung).

Der Mythos vom versunkenen Kirchturm

Kirche am Reschenpass/Südtirol
Lange ist es her, dass Fall also geräumt wurde und oberhalb des Sees eine neue Siedlung entstandt. Das Wasser bedeckte die Grundmauern von Alt-Fall für lange Zeit. Mythen ranken um die untergegangene Stadt. Bei Niedrigwasser soll man angeblich die Häuser und den alten Turm der Kapelle sehen können (wie am Reschenpass in Südtirol)

Alle 15 Jahre aber muss das Wasser des Sees abgelassen werden, damit die Stollen vor den Turbinen gereinigt werden. Nach 1999 ist das auch heuer wieder geschehen. Und die Aussicht auf einen Blick auf Alt Fall lockt viele Besucher in das tiefe Isartal. Die sozialen Netzwerke entfalten wohl Ihre Wirkung. Laut den Mitarbeitern des Kraftwerks waren 1999 lange nicht soviele Besucher dort.

Mehr zufällig bin ich am Samstag morgen über die Passstrasse von Wallgau herübergefahren. Das Wetter war klar und der sonst schlammige Grund des Sees tiefgefrohren. Das wollte ich mir nicht entgehen lassen und habe mir die Grundmauern von Fall angesehen.

Blick von der Brücke: der Author im Bild links
Eine Torauffahrt?
Ein alter Schacht unter den Mauern: 5-6 m tief

Ein versunkener Kirchturm ist nicht zu entdecken. Lediglich einige Schächte, die Grundmauern und Auffahrten zu alten Scheunen sind den Fluten entstiegen.