Montag, Oktober 30

Mietbike Spam in München aus Fernost

Was ist eigentlich Spam?

"Als Spam [spæm] oder Junk (englisch für ‚Abfall‘ oder ‚Plunder‘) werden unerwünschte, in der Regel auf elektronischem Weg übertragene Nachrichten (Informationen) bezeichnet, die dem Empfänger unverlangt zugestellt werden und häufig werbenden Inhalt enthalten. Dieser Vorgang wird Spamming oder Spammen genannt, der Verursacher Spammer."

So etwas ähnliches ereignet sich gerade in München auch mit Leihrädern in der Offline Welt. Die Firma Obike aus Singapur möchte nämlich die urbane Mobilität revolutionieren und setzt auf Fahrräder. Mit gelben Leihfahrrädern, einer App und günstigem Preis wollen Sie nun auch Europas Städte erobern. Es gibt hier an der Isar schon Nextbike (ca. 700 Räder) und CallaBike (ca. 700 Räder), aber Obike denkt sich: Think Big, und hat noch mal 7000 Räder hinzugestellt!

Kunst im öffentlichen Raum: #obikefail


Das Resultat sind in München überflutete Gehwege mit gelben Günstig-Bikes. An der Theresienwiese sieht es dann zum Beispiel so aus:




Weltweit ergiesst sich ein Shitstorm über die Spamattacke des asiatischen Anbieters. Sucht man nach #obikefail und ähnlichem ergeben sich herrliche Bilder:




Ein Beitrag geteilt von Michael Stapfer Photography (@michael_stapfer) am
Gut habe ich gedacht, am Markt vorbei gedacht. Die gelben Räder werden erst verhasst und dann verrrosten. Selbst der Preis von 2 € die Stunde kann Sie nicht retten. Qualität stimmt einfacht nicht.

Sieht man aber genauer hin fallen ein paar Sachen auf. Zunächst ist es völlig legal so viele Räder im öffentlichen Raum aufzustellen. Zeitungsständer oder Imbissbuden dürfen das nämlich auch in München. Und ein Verbot der Stadt Hamburg wurde vor einigen Jahren abgelehnt.

Noch spannender ist, dass das Konzept von Obikes wohlmöglich gar nicht Umsatz durch Kundenfahrten zu generieren ist. Jedes Radl ist mit einem GPS ausgestattet, welches auch während der Fahrt den Weg munter aufzeichnet. Die gewonnen Daten sind nun für viele Verkehrsplaner ein Traum. Und Obikes scheut Sie diversen Medienberichten zu folge nicht, diese wiederum den Städten zum Kauf anzubieten.

Masse statt Klasse, und ich habe mich schon gewundert warum man überhaupt zum Winter hin damit anfängt, diese Fahrräder aufzustellen?

Es sieht derzeit nicht gut aus für Obikes in München. Wenn die "gelbe Gefahr" es hier nicht packen sollte, stehen aber schon weitere Firmen bereit Leihräder anzubieten: Yobike oder Gobeebike aus Peking und Honkong. Es ist also nicht sobald vorbei mit den Bikes im Strassengraben. Erfreuen wir uns also noch weiterer Kunstwerke aus Fahrradblech:





Ein Beitrag geteilt von Alex Smith (@eyebonk) am

Ein von @krasskrassharras geteilter Beitrag am

Montag, August 28

Rastloses Leben für die Berge mit tragischem Ende: Hermann von Barth

An idyllischer Stelle im Herz des Karwendel liegt der kleine Ahornboden. Hier steht im Schatten der ältesten Bergahorne Europas das Denkmal für den Entdecker des Karwendels: Hermann Freiherr von Barth.



Für immer erhalten bleibt sein Name in den nördlichen Alpen durch Namen wie die von Barth Hütte, den von Barth Steig oder den Barthkamin. Ich selbst habe bei dem Namen Hermann von Barth immer an einen dieser abenteuerlustigen Adeligen gedacht, die im 19. Jahrhundert Wettrennen um die höchsten Alpengipfel aus Langeweile und als royalen Sport betrieben. Wie falsch ich liegen sollte!

Am Samstag stehe ich bei einer Karwendeldurchquerung zwischen Karwendelhaus und Falkenhütte erstmalig selber vor dem Gedenkstein.

Zwei Sachen auf seinem Gedenkstein machen mich  mehr als stutzig: von Barth (*1845) wurde nur 31 Jahre jung, und starb nicht beim Bergsteigen in den Alpen sondern in Angola, Afrika (*1876).

Es wird noch suspekter. Und zwar "jagte er sich in Westafrika eine Kugel in das fiebernde Herz" (wie in einem Nachruf des Magazins "Bergsteiger" steht).

Suizid des Karwendelentdeckers in Afrika!! Was für eine Wendung des Lebens! Da musste ich nachforschen!

Geboren und aufgewachsen ist von Barth in Eurasburg am Starnberger See. Als Sohn des königlichen Kämmerers war die Familie gut begütert, Barth zog nach München studierte Jura und strebte eine Karriere im Staatsdienst ab 1867 an.

Er ging gerne mit seinen älteren Brüdern zur Jagd, liebte die Natur, war aber bis 1868 nur einmal auf den Wendelstein gestiegen. Nun erfolgte die Versetzung von Regensburg nach Berchtesgaden ins Herz der deutschen Nordalpen und bei von Barth muss es "klick" gemacht haben! Von seinen Einsatzorten als Referendar in Traunstein und Sonthofen erkundet er die nördlichen Kalkalpen.

Zeit der ersten Gipfel


In den Berchtesgadener Alpen ersteigt er in seinem ersten Einsatzjahr 69 Gipfel. 10 davon als Erstbesteiger. Er ist als Einzelgänger unterwegs und holt sich nur selten Tips von Schäfern oder Jägern. Die Bergführer, welche immer die gleichen Gipfel bestiegen, verachtet er. Doch Barth erweist sich nicht als der ungestüme Draufgänger. Er beginnt seine Touren minutiös aufzuzeichnen, erlernt das Zeichnen und sammelt sogar nebenbei noch kistenweise Mineralien.

Seine äußerst strapaziösen Unternehmungen betreibt er mit ungeheurer Intensität, ja er scheint geradezu lichterloh vor Energie zu brennen. Als Rechtsreferndar muss er damals ein Exot gewesen sein, der sich kaum in die juristische Gesellschaft und fürstliche Sommerdrische integrierte. Dafür erledigte er aber alle juristischen Aufgaben zur höchsten Zufriedenheit seiner Vorgesetzten.

Er lässt sich 1869 ins Allgäu versetzen und erkundet von Sonthofen im Sommer 44 Gipfel, davon 3 als Erstbegeher.  B

Er muss eine ungeheure Ausdauer besessen haben. Überliefert sind 10 stündige Touren von Oberstdorf zum Grossen Krottenkopf in 8 Stunden und darauf folgend den Hochvogel von Sonthofen in 9 Stunden.

von Barth mit alpinen Stock

Besonders interessant ist ein Verpflegungsdetail: sein Trinkwasser nahm er stets in einer Champagnerflasche abgefüllt mit in die Berge. Ansonsten bevorzugte er unterwegs Kaffee und "Liebigs Fleischextrakt". Zudem hatte er noch einen Pinsel und Farbe dabei, um sich am Gipfel namentlich zu verewigen.

Entdecker des Karwendel


Um zum heutigen Entdecker des Karwendel zu werden, benötigt der rastlose Barth nur den einen Sommer 1870. Er bezwingt wahnsinnige 90 Gipfel, 12 davon als Erstbesteiger (u.a. Birkkarspitze, mittlere Lalidererspitze oder neue Wege aufs Lamsjoch). Es werden seine Lieblingsberge. Die tiefen Täler sind einsam sind bis dato und nur von wenigen Jägern und Schäfern aufgesucht werden. Viele der Berge haben noch nichtmal einen Namen. Er zeichnet und schreibt weiter minutiös. Alleine sein Manuskript über den Bereich "Aus dem Quellen-Gebiete der Isar: {Karwendel}" wächst am Ende auf über 970 Seiten an.



Mit seinem Ehrgeiz einen Wanderführer zu schreiben, um nicht mehr auf ortskundige Führer angewiesen zu sein, begründet er einen komplett neue Herangehensweise im Bergtourismus.
Enttäuscht muss er aber im Winter des Jahres feststellen, dass niemand seine Beschreibungen als Buch veröffentlichen möchte. Die Zeit ist noch nicht reif. Barth ist seiner Zeit einfach voraus.

Das Jahr 1871 wird sein Wettersteinjahr. Natürlich steigt er auch hier auf alle namenhaften Gipfel. So ist überliefert, dass Barth zunächst vom Reintaler Hof in Garmisch aus auf die Alpspitze und gleich am nächsten Tag im neunstündigen Marsch auf die Zugspitze lief! Welche sportliche Leistung! Ihm gelingen im bereits populären Wetterstein sogar Erstbegehungen u.a. auf den grossen Waxenstein und die mittlere Dreitorspitze.

Wanderung mit Blick auf Barths Erstbegehungen im Karwendel

Aus Enttäuschung über die mangelnde Nachfrage nach seinen Notizen, unterlässt er es aber im Wetterstein seine Aufzeichnungen weiterzuführen. Immerhin gibt er sich in den folgenden Jahren komplett seiner Passion hin, kündigt seine Stelle als Jurist 1872 und beginnt 1873 ein Studium der Geologie, Geografie und Paläonthologie in München.

Da meldet sich 1873 unerhofft der Amthor Verlag aus Leipzig und möchte seine Notizen als Buch veröffentlichen. Von Barth holt einige seiner Notizen nach und 1874 erscheint ein umfangreicher, absoluter Klassiker der deutschen Bergliteratur: Aus den nördlichen Kalkalpen.
Von Barth wird mit einem Schlag zum Begründer der alpinen Führerliteratur und mit dem Ritterkreuz ausgezeichnet.

Barth bleibt auch als Student ruhelos und zeigt seine Zielstrebigkeit, denn er promoviert bereits 1875 summa cum laude an der philosophischen Fakultät. Zerstreuung findet er angeblich nur als einer der ersten Hochradfahrer in München.

Rastlos geht es in Afrika weiter


Mit Abschluss seines Studiums sucht von Barth eine neue Herausforderung. Im Jahr 1871 war der Afrikaforscher David Livingstone mit einer grossen Pressekampagne von Sir Mortan Stanlay wiederentdeckt worden. Dass muss auch im damals beschaulichen München grosse Aufmerksamkeit in den Zeitungen und bei Barth gefunden haben.

Und so passte es der "Deutschen Afrikanischen Gesellschaft" wohl nur ganz gut, diesen intelligenten, draufgängerischen Wissenschaftler für eine Westafrikaexpedition zu verpflichten. Im Januar 1876 tritt Barth die Schiffsreise von Hamburg auf den schwarzen Kontinent an. Auf der Zwischenstation auf den Kapverdischen Inseln besteigt er schnell die wichtigsten Gipfel der Inseln und sammelt Daten.

Im Juli beginnt seine Reise ins innere der portugisische Kolonie Angola. Hier wird der robuste Barth von einer Tropenkrankheit infiziert. Mitte August entschliesst er sich zur Umkehr und trifft am 1. November völlig entkräftet mit nur noch wenigen Trägern wieder in Loanda ein. In seinem letzten Brief an die Familie vom 27. November vermerkt er: „… es liegt eine totale Erschütterung der ganzen Natur vor…“.

Am 7. Dezember 1876 macht Hermann von Barth, durch die tropische Krankheit gezeichnet im Fieberwahn, seinem kurzen Leben mit einem Herzschuss ein Ende. Er ist erst 31 Jahre alt. Man begräbt Ihn in Loanda.

Die DAV Sektion Augsburg errichtete bereits 1881 an Barths geliebten kleinen Ahornboden, mitten im Herzen des Karwendels das heutige Denkmal für eine der bedeutensten Persönlichkeiten der Alpingeschichte. Was hätte dieser tatendurstige Mann noch alles entdecken und welches ereignisreiche Leben leben können. Es blieb ihm verwehrt.

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Wehmütig blicke ich nun auf meine schönen Tage im Karwendel zurück. Im Gegensatz zu meinen Bergkameraden habe ich in diesem Jahr auf 2 Kraxelstecken verzichtet und setze auf den klassischen Bergstock, den ich von der Gamsjagd kenne.
Erstaunt lese ich, dass auch Barth den alpinen Stock als technisches Hilfsmittel gebrauchte:  "zur Überwindung von Spalten und Bächen benutzte er einen langen Alpenstock, den er gleichsam als Sprungstab einsetzte".

Sein alpiner Stock als Einsatzgerät für meine Touren, das bleibt mir vom Karwendelerschliesser!