Mittwoch, September 29

Wahnsinn, warum schickst du mich auf die Wiesn..Hölle hölle hölle


Des is aber mal wirklich der Wahnsinn.
Aus Interesse checke ich gerade mal die Angebote für Tisc
hreservierungen für ein Zelt auf der Wiesn bei ebay.

Mit den Reservierungen läuft es folgerndermaßen ab:
Im Januar - Februar schickt man ein klassisches Telefax an das
Wiesnwirtbüro, mit dem Wunsch einen Tisch
für 10 Personen zu reservieren. Die meisten Zelte reservieren meist zweimal am Tag. D.h. z.B. von 12-17 Uhr, und von 17-22 Uhr. Hat man Glück noch was zu bekommen, gilt Sofortüberweisung an den Wirt. Im April-Mai sind eigentlich alle Reservierungen vergeben.
Die Reservierung an sich ist kostenlos. Damit versichert wird, dass die Leute aber auch was verzehren, sind Gutscheine für 2 Massen Bier und ein Gutschein für 1 Hendl Pf
lichtabnahme.

Der Preis erechnet sich also folgendermaßen:
2 Bier (incl. Trinkgeld) (20€) + 1 Hendl (12€) = 32 € x 10 Personen = 320 €

Und das als Sofortkasse für den Wirt schon im Februar. Das schreckt dann doch einige ab. Mich auch.

Das ist dumm. Denn für den Wirtschaftswissenschaftler liegt hier ein klassischer Fall von "hidden information" vor. Erst "ex post" erkenne ich den Wert einer solchen Reservierung.
Wenn man nämlich wie jetzt an den Wochenenden schon nachmittags ohne Reservierung in kein Zelt auf der Wi
esn mehr rein kommt. Oder wenn man eigentlich immer Frauen vorschicken muss, um zu fragen damit man ansatzweise noch eine Chance auf Plätze am fremden Tisch hat.
Was ich aber nun bei ebay entdeckt habe, kann ich mir selber nicht erklären. Wie gesagt. Gegenwert der Reservierung 320 €. Seht selbst!








Sonntag, September 26

Reizüberflutung

Über das Oktoberfest zu bloggen geht zurzeit gar nicht:

+++Ja, es stehen vor meiner Haustüre viele Wohnmobile aus Italien. Und in den kleinen Fiats liegen Leute und schlafen ihren Rausch aus. Ja, in den Zelten mit den weiblichen Namen (Fischer Vroni &
Bräurosl) treffen sich wieder Sonntags die schwule Community. Manchmal sehe ich Männer im Dirndl. Am Hang der tausend Ströme aka Ferkelhügel kann man wieder tagsüber alle Körperflüssigkeiten hinablaufen sehen. Es wurden wieder Besucher beim öffentlichen Sex erwischt. Leider gab es auch schon eine Vergewaltigung. Ja, die Australier und Amis gehen wirklich alle in das Hofbräuzelt. Da gibt es nämlich Stehtische. Natürlich, das Rauchverbot wird nicht eingehalten. Manchmal fliegen daher Leute aus dem Zelt. Es riecht ein wenig mehr nach Schweiss als sonst. 50 Ochsen wurden heuer schon gegessen. Ja, im Wiesnfundbüro werden wieder die kuriosesten Sachen abgegeben. Die Bayern Spieler hängen lustlos im Käferzelt ab. Elmar Wepper war in eine Schlägerei verwickelt. Augustiner Bier schmeckt immer noch am besten. Lass dir raten, trink nie Spaten. Der Oberbürgermeister hat 3 Schläge gebraucht. Die Traditionswiesn sind ein voller Erfolg. Man steht aber ewig an, um Pferderennen und Mäuseroulette zu sehen. Die Ansagen in der Ubahn sind so lustig derb wie immer zur Wiesn Zeit. Die MVG hat ein Tabu gebrochen, der Nahverkehr streikt während der Wiesn. Rikscha Fahrer machen wieder das Geschäft ihres Lebens. In München laufen tausende mit Hüten in Form eines Bierfasses umher. Der Rummel ist um ein neues Fahrgeschäft spektakulärer geworden. Die Dirndl sehen heuer wieder sowas von sexy aus. Bedeutet der Knoten rechts vergeben, oder zu haben? Ist Dirndl überm Knie hübsch, oder schon schlampig? Es gibt Lebkuchenherzen da steht nicht drauf "Spatzl" sondern "das war`s". Mit ein wenig Chupze gelangt man in jedes Bierzelt, oder man gehört immer zur "Siemens-Gruppe und hat sein Bändl vergessen". Das Teufelsrad und Toboggan laufen immer noch++++

Oh mann. Zeitungen, Blogs, München TV alle Radiosender. Jede noch so erdenkliche Geschichte wird derzeit thematisiert. Da macht das bloggen keinen Spass. Das war während der WM noch anders, wo Männer noch spontan echt Gefühle zeigen durften.

Vergelt`s Gott.

Freitag, September 17

O zapft is`

...erklingt es heute um Punkt 12:00 Uhr wieder aus dem Schottenhamel-Zelt zur Eröffnung der Wiesn.
Wer es live verfolgen möchte, dem sei der Livestream vom Bayrischen Rundfunk ans Herz gelegt. Immerhin darf mit Spannung verfolgt werden wieviele Schläge Oberbürgermeister Ude zum Anstich des Fasses heuer benötigt. Traditionell krempelt der amtierende Oberbürgermeister die Ärmel hoch, zieht sich eine Kellnerschürze an, sticht das erste Fass an und übereicht die erste Mass an den bayrischen Ministerpräsidenten. Während Ude schon seit 1993 agiert, ist bei den bayerischen MP`s in den letzten Jahren ein erstaunlicher Trend zum Wechsel erkennbar. Dann ruft er "O zapft is", und es ertönen 3 Böller Schüsse. Die Schüsse sind eminent wichtig. Erst so erfahren 60.000 durstige Kehlen, die in den anderen Zelten seit Stunden ausharren, das es nun endlich Bier gibt!


Für OB Christian Ude sind nach jahrelanger Übung höchstens drei Schläge eine Selbstverständlichkeit. Im Jahr 2005 stellte er einen Rekord von zwei Schlägen auf, im vorvergangenen und im letzten Jahr gelang ihm das Kunststück wieder. Nun neigt sich seine Amtszeit dem Ende zu und er hat noch grosses angekündigt. 2010 will er tatsächlich das Bierfasserl mit einem einzigen Schlag anzapfen. Ich bin gespannt.

So richtig gezählt werden die Schläge eigentlich auch erst seit 1986. Thomas Wimmer -OB 1953 und Begründer der Schläge auf das Fass- brauchte 1953 angeblich noch 19 Schläge, um das Fass anzuzapfen. Es gibt ja wirklich
einige solche Gschichten um das Oktoberfest. Diese finde ich aber wirklich interessant:
Dass sich jemand als Bürgermeister und Mitglied der Obrigkeit dazu herabliess Schankkellner zu spielen war nämlich damals wirklich ungewöhnlich.

Es spiegelte aber den Zeitgeist der Nachkriegszeit wieder und wurde bewusst von Wimmer eingeführt. München lag immer noch in Schutt, ein jeder sollte durch diese Aktion angehalten werden mit anzufassen wieder neu anzufangen. Ganz unabhängig von Rank und Stand.

Und warum findet das ganze immer in Boxe 17 im Schottenhamel (dem zugegebenermassen unschönsten Zelt von allen) statt? Es ist folgendes überliefert:
Nun ja, OB Wimmer musste 1953 noch kurz vorher eine Elektro Messe eröffnen. Das Messegelände lag in meinem heutigen Wohnviertel Westend. So stolperte er von dort zu Fuss kurzerhand missmutig den Hang hinunter zum Festgelände. So landete er zufällig im erst-besten Zelt. Dem Schottenhamel. Mehr von solchen interessanten Anekdoten finden sich übrigens im Oktoberfest Blog.

Auf eine friedliche Wiesn!

Donnerstag, September 9

Zur Sicherheit Beton

Hoppala. Keine Angst, auch wenn das Riesenrad nicht danach aussieht: die Wiesn startet pünktlich.

Ganz fertig sind zum Beispiel die neuen Betonsteelen.
Seit der Al Kaida-Terrorwarnung im letzten Jahr ist man bei der Organisation des Riesenvolksfestes kompromisslos geworden! 2009 versuchte man spontan mit quergestellten Müllfahrzeuge und Polizeibussen das Gelände abzusichern:

Heuer also Beton-Pöller. Sie sollen verhindern, dass man -mit was auch immer- auf das Festgelände fahren soll. Nun kann man sicher nicht mal mit nem Panzer hinkommen.


Getarnt werden sollen die "Anti-Terror-Pöller" als dekorative Informations Litfasssäulen. Mit Übersichtsplänen und Tourist-Infos.
Heut habe ich entdeckt, dass Sie bereits inoffiziell von unsichtbarer Hand dekoriert wurden. Die derzeitigen Infos sind auch schon ganz cool:

Taliban willkommen, Taliban (Terrorist) nicht.

Ist es stiller Protest gegen die Steelen? oder gegen den Islam? oder ist das oben eine Mohammed Karikatur? Man weiss es nicht. Mir egal. The Wiesn must go on.

Montag, September 6

Dachau und seine 2 Seiten

Die Kreisstadt Dachau liegt nur 60 Radlminuten entfernt im Münchner Nordwesten.

Dachau. Schon bei der Erwähnung des Wortes zuckte ich früher ein wenig zusammen.
Es hatte zwar nicht ganz das Niveau Orten wie Hiroshima, Tchernobyl oder Stalingrad. Aber spielte duraus in einer Liga mit Lockerbie oder Verdun. Ich erinnere mich noch gut an mein ungutes Gefühl, wenn in der ARD Sportschau -als noch echte Randsportarten gezeigt wurden- hin und wieder beim Thema Volleyball der Name des ASV Dachau fiel.

Die Stadt Dachau ist durch den Prototyp aller Konzentrationslager, das KZ Dachau, gebrandmarkt. Bereits im März 1933, also direkt nach der Machtübernahme Hitlers, wurde es vom damaligen Münchner Polizeipräsidenten (und späteren Holocaust-Chef Organisator) Heinrich Himmler eingerichtet.
Nach anfänglichen zaghaften Protesten entwickelte sich das KZ schnell zum
rechtsfreien Raum. Für Erschiessungen war nur noch der BEfehl des Lagerkommandanten und zweier Wächter erforderlich. Zunächst diente es der Abschreckung, indem v.a. prominente Oppositionelle in Dachau inhaftiert wurden.
Baracke KZ Dachau
Arbeit macht frei Dachau Eingang
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Später war es für die SS ein perfides Test-KZ. Organisation und Aufbau dienten später allen weiteren KZs im Reichsgebiet zum Vorbild. Hier finden sich im Kleinen alles was die späteren Lager bekannt machte. Die doppestöckigen Schlafgestelle in den langen Baracken, Krematorien und sogar der "Arbeit macht frei" Schriftzug. Gaskammern gab es aber hier nicht. Spätestens in den 1940er Jahren sterben tausende Häftlinge an Thyphus, Unterernährung oder werden einfach erschossen.


Von meinem Besuch vor 2 Jahren in der heutigen Gedenkstätte sind mir als besonders wiederliche Bilder von Versuchen an Gefangenen in
Erinnerung geblieben. Um die Überlebenschancen von Piloten der Luftwaffe bei einem Absturz im Meer zu verbessern, wurden Häftlinge solange in Eiswasser getaucht bis...-oder in einer Druckkammer wurde mit Probanten ein krasser plötzlicher Druckabfall wie beim Absturz aus grosser Höhe simuliert.
Mein komisches Gefühl beim Namen Dachau wurde damals voll bestätigt. In der FAZ habe ich sogar einen Artikel gefunden, der behauptet, dass das Goethe Institut an der Dachauer Str. in München sogar bis in die 90er seinen Hintereingang als Postadresse angegeben hat um keine KZ-Assoziationen mit der Adresse zu wecken!
Ich folgte damals vom Lager am östlichen Stadtrand der Stadt einem Schild "Schloss Dachau x kilometer" etwas beklommen mit dem Radl in die Altstadt. Dachau ist ca. 300 Jahre älter als München, und besitzt -sehr zu meinem damaligen Erstaunen- neben dem KZ am Stadtrand ein wunderbares Juwel von Altstadt. Die Altstadt duckt sich unter einem Felshügel der aus dem sonst rundherum flachen Land herausragt. Kopfsteinpflaster, enge Gassen, uralte Wirtshäuser. Man fühlt sich ins Mittelalter versetzt.

Fährt man dann entlang der alten Bürgerhäuser in Serpentinen den steilen Schlosshügel hinauf gelangt man an ein wunderbares Barockschloss, in dem bestimmt schon früher rauschende Feste gefeiert wurden. Absolut sehenswert.
Schloss Dachau
Man hat von hier nicht nur einen Blick auf die komplette Münchner Stadtshilouette, sondern auch auf die Alpen vom Berchtesgadener Watzmann bis zur Zugspitze!



Wow. Die Schlossgastronomie ist gerade neu verpachtet worden, an einen Schicki Gastronom vom Ammer-See und wird umgebaut. Dann wird man sicher wieder mehr vom Schloss hören. Ich werde sicherlich mal wieder vorbeischauen.

Dennoch wird Dachau seine beiden gegensätzlichen Seiten für mich wohl behalten. Ich kann einen Besuch -egal welcher Seite- nur empfehlen.