Freitag, April 29

Alpenpässe

Mit grossem Erstaunen stelle ich immer wieder fest, dass viele Freunde von mir aus Bayern noch nie das deutsche Meer gesehen haben. Eine Wattwanderung, Ebbe-Flut Divergenz, Bernsteinesuchen, Krabben pulen, die Kreidefelsen oder die harmonische Ostsee; alles haben Sie verpasst.

Mittlerweile habe ich aber auch die Gründe hierfür akzeptiert. Während eine Fahrt in den wetterungewissen Norden 6-7 h dauert, kann man von München in 4-5 Stunden an der Adria, in Venedig, Südtirol oder gleich fast in der Toskana sein. Gerade im Frühjahr lockt eine solche Reise. Während der April in Deutschland macht was er will, sind in Italien längst Sonnenbrillen gezückt und es wird Eis geschleckt bei sommerlichen Temperaturen.


Um in den Süden zu kommen, muss man das natürliche Hinderniss der Alpenhauptkämme überwinden. Seit Jahrtausenden werden hierfür dieselben Passwege genutzt, die durch die geographische Struktur der Alpen vorgegeben ist. Für einen solchen Übergang in das nächstgelegene Tal ist die immer die tiefstmögliche Stelle eines Bergkammes ideal. Hier konzentriert sich dann der Verkehr.

Viele Pässe sind legendär und werden seit Urzeiten genutzt. Hannibal ist mit seinen Elefanten auf einem nocht nicht bestimmten Pass über die Alpen nach Italien einmarschiert (bestimmt ist aber, das alle Elefanten die Überquerung nicht überlebten). Der St. Gotthard Pass und die Teufelsbrücke fanden daher schon das Interesse der schwermütigen Maler der Romantik, wie man in der neuen Pinakothek München sieht. Es existieren auch Beschreibungen der Pässe von Goethe oder Stiche von Albrecht Dürer.


Den Brenner (1374m), den St. Bernardino Pass (2065m) oder den Reschenpass (1504m) habe ich höchstselbst in den letzten Wochen motorisiert passiert.

Zur Umgehung der Vignetten haben wir dabei häufig die alten Passstrassen und nicht die Tunnels oder Autobahnen gewählt. Mittlerweile bin ich regelrecht fasziniert von diesen alten Pässen. Auf den Passhöhen sind die Wasserscheiden zwischen ganz Europa. Nördlich fliesst das Schmelzwasser nach unzähligen Kilometern in den Rhein oder die Donau, südlich erreicht es irgenwann über Rhone und Po das Mittelmeer.

Ausserdem liegen exakt auf der Passhöhe oft auch die Grenze zwischen 2 Staaten. Nur wenige Kilometer weiter erwarten einen dann eine neue Sprache und andere kulturelle und gastronomische Sonderheiten.

Über den Reschenpass hält man in Richtung Italien wohl zunächst einmal am Reschensee mit dem versunkenen Kirchturm von Alt Graun.
Danach sinkt man innerhalb kurzer Zeit um fast 1000 Höhenmeter. Im Vinschgau in Südtirol ist man dann umgeben von Burgen, Marmor, blühenden Obstplantagen und fabelhafter Pizza und Wein.

Ist man weiter "passgierig" und hat keine Lust auf Pizza und Vino, biegt man einfach an Reinhold Messners Burg Juval (rechts) in das Schnalstal ab. An dessen Ende wollte schon Ötzi zurück

nach Österreich flüchten, bis ihn eine Pfeilspitze traf.

Oder man flüchtet über den zweithöchsten Pass der Alpen am Stilftser Joch (2757 m!!) rüber in die Lombardei.

Ich habe genug Krabben gepuhlt, und Regenschauern an der deutschen Küste getrotzt. An Alpenpässen mangelt es aber weiterhin bei mir. Vielleicht in diesem Jahr auch einmal mit dem Velo?

1 Kommentar:

  1. Bei mir hat es auch lang gedauert bis ich erstmals in meinem Leben den Main überquert hatte. So schlimm ist es aber im Norden gar nicht, im Gegenteil. Mir gefällt es dort ausnehmend gut. Die Nordsee tausche ich gegen die Adria sofort ein, bei jedem Wetter, muss ich keine 0,2 Sekunden nachdenken ;-)

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