Samstag, Juni 18

Unterwegs am Grünen Band

Wandern Grünes Band Thüringen

Angeregt vom Tierfilmer Andreas Kieling habe auch ich heuer einen Teil vom "Grünen Band" erwandert. Das grüne Band ist der ehemalige Grenzstreifen zwischen den beiden wiedervereinigten deutschen Staaten. Seit dem Mauerbau 1961 ist der ca. 100m breite Grünstreifen quasi unberührt. Dadurch hat er sich zu einem ewig langen Biotop mit seltenen Pflanzen und Tieren entwickelt, die woanders ausgestorben sind.


Zudem befand sich in den Jahren der Teilung auf DDR Seite vor der Grenze ein 5km breites Sperrgebiet, wo sich Menschen nur mit Ausnahmegenehmigung bewegen durften. Da die westliche Seite als Randgebiet wirtschaftlich ebenfalls verkümmerte, haben sich Dörfer und Städte mit 50 Jahren Rückstand präserviert.

Zuletzt sind es die Grenzanlagen selber, die spannend sind. Während die Zäune komplett entfernt worden sind, findet man von Zeit zu Zeit noch Wachtürme, vergitterte Betonröhren und Fundamente. Leider soll es auch immer noch Landminen geben, die noch nicht gefunden wurden.

Das Wandern fällt einem denkbar leicht. Man kann eigentlich auf eine Karte verzichten, und sich immer auf dem Kolonnenweg bewegen. Der Kolonnenweg schloss die Grenze auf östlicher Seite ab und diente der Fortbewegung mit Militärfahrzeugen für die Grenzsoldaten. Er besteht aus tausenden hintereinanderliegenden Betonplatten. Wie mein Vater mir eingetrichtert hat, war das eine der weingen Sachen, die die DDR beherrschte. Betonplatten giessen! Man denke nur an die ostdeutschen Autobahnen oder den Plattenbau.

Auch ohne den Kolonnenweg ist die Grenze wirklich als grünes Strauch- und Buschband weithin deutlich durch die Felder zu erkennen. Hier im Bild links.
das grüne band

Das grüne Band wird heute aus guten Gründen als Naturerlebnis Grünes Band für Radfahrer und Wanderer vermarktet. Das es sich hauptsächlich gleich durch die Ränder von 5 Bundesländern (Bayern, Thüringen, Hessen, Sachsen-Anhalt und Niedersachsen) zieht, erschwert die Vermarktung. Mein Start in Eisenach verlief auch gleich holprig. Die Lektorin in der Buchhandlung konnte mit dem Begriff nämlich nichts anfangen und hielt das Band für einen Wanderkartenverlag.

Viele der kleineren Tourist -Informationen in den idyllischen Städten des Thüringischen Eichsfeldes vermarkten es dagegen noch auf die "alte" Art.
Schäferhunde Todesstreifen DDR

Hier wird zwar für einen Besuch der Grenze geworben. Hauptsächliche Begriffe in den Flyern sind aber "Todesstreifen", "Selbstschussanlagen", "Bunker" und "Beobachtungstürme". Dazu gibt es gruselige Bilder von den vermeintlichen "Hundelaufanlagen" und Elektrozäunen.



Den von mir bewanderten Abschnitt in Thüringen möchte ich -bei gutem Wetter- allen absolut empfehlen. Eigentlich ist für jeden Typus Wandersmann etwas dabei. Eine abwechslungsreiche Landschaft, die Begegnung mit seltenen Tieren und auch mit freundlichen Menschen, die oft eine spannende Geschichte zu erzählen haben. Nicht zuletzt der Abenteuerspielplatz Grenzanlage. Auch der Wanderer "on a Shoestring" mit engem Budeget ist in den heimeligen Wandererpensionen gut aufgehoben. Für im schnitt 20 € bekommt man ein Dach über dem Kopf, Bett und reichhaltiges Frühstück.

Während ich also Deutschland auf Schusters Rappen durchquere ist einer meiner Vorgänger leider von uns gegangen. Der Brite Sir Patrick Leigh Fermor hat Deutschland 1934 als 17-Jähriger durchwandert; aus seinen Tagebüchern entstand das beste Reisebuch was ich jemals lesen durfte. Die "Zeit der Gaben" beeindruckt und inspiriert mich immer wieder. 96 jährig ist er am vergangenen Wochenende verstorben.

Zu weiteren Wanderungen am Gründen Band bedarf es keiner weitern Inspiration. Ich werde mich sicherlich nach und nach noch weiteren Etappen widmen.


Update dank Renne: Hier findet Ihr eine Reportage über die Bereisung mit dem Radl. Viel Spass!

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