Montag, November 22

Feldherrnhalle - passiver Widerstand


Die Feldherrnhalle ist in München ein beliebter Treffpunkt für Touristen. Auf den Stufen lassen sich prima "I was here" Fotos schiessen. Dabei werden die Löwen an den Treppen gekrault und das Treiben auf dem Odeonsplatz beobachtet. Der überteure "Frai Latte Chai Caramel Coffee To Go" einer der amerikanischen Kaffeeketten am Odeonsplatz darf natürlich nicht fehlen.

Die Feldherrenhalle schliesst.....shit...schon wieder falsch geschrieben....Die Feldherrnhalle schliesst die Ludwigstrasse prächtig, protzig zur Altstadt hin ab. Eigentlich ist es gar keine Halle, wo man reingehen kann. Eher eine Art Baldachin mit gewaltigen Säulen. Von der Residenz und der Theatinerkirche umgeben, erzeugen die 3 Gebäude mit ihren warmen Farben ein italienisches Flair und machen den Odeonsplatz zu einem richtig südlichen "Campo".

Leider hat der "Campo" eine dunkle Vergangenheit. Die Widmung "dem bayrischen Heere" mag ja i
m 19. Jahrhundert noch akzeptabel gewesen sein.
Am 9. November 1923 aber startete Adolf Hitler seinen Putschversuc
h in München mit einem "Marsch auf Berlin". Die Putschisten kamen aber leider nur vom Bürgerbräukeller ca. 900m weiter bis zur Feldherrnhalle, wo der Putschversuch mit einem Schusswechsel zwischen Polizei und Hitler-Anhängern endete.
Anstelle Hitler für den Staatsstreich hinzurichten (was fü
r linke Putschisten damals Mindeststrafmass war), kam Hitler in die ehrenvolle Festungshaft nach Landsberg. Hier konnte er dann in Ruhe die Machtübernahme -bekanntlich 10 Jahre später- planen.

Kurioserweise finden trotz der Geschichte auch heute noch viele Kundgebungen und Demonstrationen aller gesellschaftlichen Gruppen vor der Feldherrenhalle statt.


Einer der ersten Akte der neuen Machthaber war es 1933, aus der Feldherrnhalle einen Kultort für die getöteten Nazis der ersten Stunde zu machen. Die Toten wurden kurzerhand zu "Blutzeugen" und eine Tafel, Fackeln und Mahnwache wurden an der östlichen Seite der Feldherrnhalle installiert. Jeder Passant war verpflichtet beim Passieren den Arm zum Hitlergruss zu erheben.

Das war den Münchner natürlich nicht Recht und viele entschieden sich daher angeblich zum passiven Widerstand. Anstelle die Ehrentafel zu passieren machten sie einen Umweg durch die Viscardigasse und gingen somit am westlichen Ende der Halle vorbei, ohne den Arm heben zu müssen. Treffenderweise wurde die Viscardigasse im Volksmund zur "Drückebergergasse" getauft.
Eine goldene Linie auf dem Pflaster der Viscardigasse erinnert heute an den Widerstand.



Zufälligerweise passiere ich in den späten Abendstunden des 9. Novembers die Feldh
errnhalle. Eigentlich erwarte ich am Schicksalstag der Deutschen Lichter oder ähnliches, die an den 87. Jahrestag des Putsches oder die Judenprogrome erinnern.
Stattdessen liegt die Feldherrenhalle dunkel vor mir und hinter den Treppen sitzen dunkle Gestalten und klirren mit Bierflaschen. Ich denke schon an eine illegale Kundgebung von Rechten und zücke mein Handy, um ein Beweisfoto zu schiessen. Bei näherem hinsehen sind es aber eher schwarzgekleidete Punks, die Zuflucht unter dem Dach gefunden haben, um dem Nieselregen zu entgehen. Ich überlege kurz, ob Sie überhaupt wissen wo und an welchem Datum sie sich gerade befinden.

Schliesslich mache ich mich auf, die Gedenktafel für die getöteten Polizisten des Putsches zu suchen. Wenn ich
am 9. November schon einmal hier bin, will ich dort innehalten. Als ich die Tafel nicht an altbekannter Stelle finde, wittere ich einen neuen Skandal. Jemand muss die Tafel entwendet haben!
Erst ein Blick in die Zeitung am Folgetag hilft mir weiter. Die Stadt hat just erst einige Stunden vor mir eine nagelneue Gedenktafel an der Residenzwand gegenüber eingeweiht. Na also. Alles ist gut. Mein passiver Widerstand ist aufgehoben.


Montag, November 15

hinter oder vor?


Ich habe in neues Lieblingswort im bayerischen.
Vorher war es ja lange das Wörtchen "fei". Das finde ich so genial, weil man es quasi überall einsetzen darf.
Fei ist ein Wörtchen, mit dem man unterstreicht, was man gesagt hat. Es entspricht im Hochdeutschen am ehesten halt oder eben oder echt.

"Das hast du `fei` gut gemacht"
oder "Hui, Ich habe `fei` starke Kopfschmerzen".Nun hat das Fei aber Konkurrenz bekommen durch das Wort "hinter". Meines Erachtens wird es nämlich im baierischen ebenso fei kurios eingesetzt wie "Fei" selber.

In Bayern sag
t man nämlich zu etwas "hinter", wenn man voran gehen soll. Also nach vorne, oder weiter entlang.
Da macht für mich überhaupt keinen Sinn, und gerade deshalb liebe ich es fei so. Wenn etwas "hinter" etwas anderem ist liegt es ja wohl irgendwo Rückwärts gewandt. Aber nein. Der Bayer meint etwas was vor einem liegt. Fragt man zum Beispiel in München nach dem Weg zur nächsten Bier-Boazn sagt der Bayer:

"Doa gehst g`schwind die Strasse hinter, und loass dias schmeck`n"

Über dies bayerische Kauzigkeit kann ich noch schmunzeln. Die CSU aber kennt bei Immigranten kein Erbarmen. Gerade wurde auf eine Frist von einem Jahr zum Erlernen der deutschen Sprache bestanden.

Vielleicht gebe ich der benachbarten Gemeins(c)haft hier im Westend mal einen Rechts(c)hreibehinweis, damit Sie wie seit vielen Jahren schon, weiter Ihre Vereinsaktivitäten in Bayern ausüben kann!

Dienstag, November 9

Die Stabi

Jeder Student in München kennt Sie. Die gute alte bayerische Staatsbibliothek. Kurzform: Stabi.

Pompös an der Ludwigstrasse -eher ein Boulevard- gelegen, beherbergt Sie
Zeitschriften, Bücher, Landkarten und sogar ein Kunstmuseum. Seit 1663 existiert ein Pflichtexemplarrecht, d. h., dass von jedem in Bayern erscheinenden Druckwerk müssen zwei Exemplare an die Bayerische Staatsbibliothek abgeliefert werden.

Hauptsächlich wird Sie aber von Studenten gebraucht, die sich hier auf Prüfungen oder Examina vorbereiten. Auch ich habe in diesem Jahr (heuer) in den heiligen Hallen einige Tage verbringen dürfen.

Parkplätze gibt es meine
s Wissens nur für Mitarbeiter, somit steht der Gehweg vor der Stabi immer studentengerecht mit Radeln und Vespas voll. Ein schöner Anblick.

Viele der Studenten haben ihr eigenes Notebook dabei, für Notizen oder um ein paar wissenschaftliche
Zeilen als Alibi loszuwerden. In der Realität sieht man aber in den meisten Fällen das blaue "facebook" Zeichen leuchten. Im facebook werden dann spätpubertierende Zeilen wie " ' hiiilfe...in der Stabi ist mir gerade Robert Pattinson über den Weg gelaufen' " veröffentlicht. Die Stabi zählt nähmlich auch zu Münchens besten Flirtlokalitäten.

Wer das virtuelle Flirten zu langweilig findet, ist in der Stabi bestens aufgehoben. Wenn man sich an die Regeln hält. Aus gut informierter Quelle weiss ich, dass es Mädels gibt, die sich für ihren "Stabi-Tag" richtig aufbrezeln. Wimmelt es doch hier von zukünftigen, gutverdienenden Anwälten und Ärzten. Vieler dieser Musterexemplare wiederum machen sich extra durch Ihren "Style" bemerkbar.

Lässig wird der Cashmere Pulli um die Schultern -im Hemd mit dem Polospieler- geworfen. Die hellbraunen Bootschuhe verdeutlichen, dass man später evt. noch im Mini von Papa zum Segelscheinkurs nach Starnberg raus fährt. Die vielen Pausen und ein Platz mit guter Sicht verdeutlichen, dass man nicht zum Lernen hier ist.

Idealerweise ist ma
n unten am Schliessfach schon aufeinander getroffen, so kann man sich die Stille der Buchreihen direkt sparen, und in das neue Cafe mit Terasse im Untergeschoss wechseln. Klappt es heut`nicht mit der/dem Auserwählten, merkt man sich einfach die Schliessfachnummer und vergisst morgen das Wechselgeld am Nachbarschliessfach.

Drinnen muss man leider zwingend leise sein. Da fällt das Flirten nach meinen Beobachtungen schon schwerer. Offensive Frauen legen daher schon mal Zettel auf den Tisch, wie: ,Wollen wir ’nen Kaffee trinken gehen?‘“

Obwohl die Stabi anständig gekühlt wird, laufen viele von den Mädels im Sommer so freizügig herum, als wären Sie auf dem Weg in eine After Work - Strandbar oder gleich in den E-Garten auf die Decke am Eisbach. Um nicht abgelenkt zu werden, empfielt sich daher für den frühen Vogel unbedingt ein Fensterplatz mit Blick ins Grüne oder über die Dächer Münchens. Wer nicht ganz auf den Anblick verzichten will, kann die Mittagspause ja immernoch im nahegelegenen E-Garten verbringen.

In die echt monotonen Bereiche der Stabi, wie den Kartenlesesaal oder an die Microfilmleser verirren sich im Sommer nur die wenigsten Besucher.

Sonntag, November 7

Bear incidents


...so kann es aussehen, wenn ein niedlicher Bär im Little Yosemite Valley einmal Hunger auf im Auto eingeschlossene Lebensmittel bekommt.

Bereits vor etlichen Jahren haben die ca. 150 Schwarzbären des Nationalparks erkannt, dass es einfacher ist sich von Toast, Steaks und Gumbears zu ernähren als von Termiten, Pilzen und Flechten. Jeder Vorfall wird von der Nationalparksverwaltung dokumentiert, um ein Verfahren zu entwickeln Bären von den Campingplätzen fernzuhalten. Die englische Sprache spricht bei den Vorfällen etwas lässiger von "bear incidents".

Trotz aller Strategie: Allein 2010 gab es zu meinem Besuch Ende Oktober bereits 464 solcher incidents.
Gesamtschaden - knapp 100.000 US $. Menschen waren nicht unter den Opfern.
Dabei gehen die schlauen Kerle ganz schön clever und strategisch vor. Mit einer Nase die noch 50mal besser als die von Schweisshunden sein soll und einer Körpermasse von bis zu 400 kg Lebendgewicht werden Autos mit Leichtigkeit geknackt. Dabei haben die Bären gelernt, dass sich in Minivans und SUVs meist mehr Essen befindet als in Kleinwagen. Diese bevorzugten Autos werden dann geknackt, indem Sie mit den Krallen die Scheibe herunterdrücken, ins Auto klettern, die Rücksitze umklappen und den Kofferraum leeren.


Die Nationalparkverwaltung reagiert. Sie stellt mittlerweile an Park- und Campingplätzen abschließbare massiven Bärenboxen aus Stahl zur Verfügung in denen "everything you eat, or put on your skin" abgeschlossen werden kann.


Früher wurden Bären, die sich häufiger als 3mal zu Nahe den Zelten oder Vans näherten eingeschläfert. Da durch diese Massnahme aber der Bestand an Bären rasch viel zu stark reduziert wurde, versucht man nun die Besucher weitest gehend aufzuklären. Nähert sich ein Bär sollte er möglichst durch laute Rufe und Drohgebärden mit erhobenen Armen verscheucht werden. Hilft das nix, rät der Nationalpark doch wirklich:

"Throw stones. But only small stones. Bears should be scared, not injured".

Das Yosemite mit den weltberühmten Free Climbing Möglichkeiten an "El Capitan" und "Half Dome" ist ein Eldorado für Kletterer. Diese befinden sich schon mal ganze tagelang in den vertikalen Felswänden. Auch das haben sich die schlauen Bären zu Nutze gemacht. Mittlerweile suchen Sie gezielt die Wände nach
Kletterern ab, weil Sie genau wissen, das die Kletterer am Ausgangspunkt Ihrer Seilschaft die Vorräte geparkt haben.
In anderen Nationalparks ist es üblich Vorräte an Seilen in Bäumen aufzuhängen. Hier nicht möglich. Die Bären beissen die Seile einfach durch und lassen sich das Fressen in die Mäuler fallen.

Also hat der Nationalpark das Sytem der tragbaren "Bearboxes" aus Hartgummi etabliert. Jeder Hiker muss die Boxen mitführen und alle Vorräte und Abfall (auch benutztes Toilettenpapier, so die Theorie (;-), darin mindestens 50m vom Zelt entfernt ablagern. Die Boxen können von den Bären nicht geöffnet werden. Maximal spielt der Bär ein wenig mit der Box, weshalb von der Ablage neben Steilhängen abgeraten wird.


Unsere Begegnung mit einem Bären ergab sich zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt. Wir hatten unser 3tes Camp auf über 3000m an den Cathedral Lakes, ca. 40 Meilen von der
Zivilisation aufgeschlagen.
Nach dem Abendmahl und einem Budweiser, ging die Sonne um 19 Uhr unter und es ward kalt und Nacht. Als wir um 6:30am Uhr von der Morgendämmerung geweckt werden, drücken 10cm Schnee unser Zelt bedenklich in Richtung unserer Gesichter. Der gesamte Felsboden, Bäume und Sträucher sind mit einder dichten Schneedecke bedeckt.
Wir werden etwas panisch, weil wir befürchten den weiteren Weg nicht mehr zu finden. Die Wege sind nicht gekennzeichnet sondern nur alle 3-4 Meilen stehen Schilder.

Wir packen eilig zusammen, da es weiter schneit und wollen schnell absteigen um dem Schnee zu entfliehen. Keine 30m entfernt von uns entdecken wir dann eine frische Bärenfährte, die den vermentlichen Weg kreuzt, im Schnee.
Wir steigen noch eiliger ab, haben Glück das der Schnee in Regen übergeht. Haben noch mehr Glück, das wir völlig zufällig einem patroulliernden Ranger begegnet.
Wir canceln unseren geplanten Hike auf 4000m und erreichen so schon am übernächsten Tag San Francisco. Was in dieser schönen Stadt auch kein Nachteil ist.

Zwar berichten wir dem Ranger von der Bärenfährte im Schnee, er reagiert aber gelassen. "No worries", sagt er. Es bleibt bei 464 bear incidents in 2010.