Montag, Mai 24

Problembär ausser Rand und Band

Das "Museum Mensch und Natur" hat ihn nun.

Das Präparat von "Bruno" alias JJ1, dem Problem,
Risikobären, der 2006 wochenlang die deutsche Presse beschäftigte.

Das hier links ist er aber nicht. Das ist der letzte vor Bruno erlegte Braunbär in Bayern, 1835 in Ruhpolding. Damals wurde das Ereignis sicher als historisch gefeiert. Übrigens noch saugut erhalten dieses Präparat.


Bei Bruno anno 2006 war alles etwas anders. Ich erzähle die Geschichte einmal aus meiner Perspektive mit allen Trivias.

Gosse Freude herrschte im Jahr der Fussball WM, als nach 170 Jahren wieder ein Bär nach Bayern einwanderte. Der Papst nahm sogar Bezug auf den von der Bild Zeitung "Bruno" getauften Bären (Die Augsburger Allgemeine und einige Regionalausgaben in Bayern bevorzugten hingegen "Beppo"). Als Benedikt zum ersten Papstbesuch in seine Heimat Bayern kam, fühlte er sich wie der hl. Korbinian -Bischof von Freising- der mit einem Bären die Alpen überquerte. Ein Bär findet sich sogar im päpstlichen Wappen von Benedikt XVI.

WM OK-Chef Franz Beckenbauer gab seine Statements ab, das vom Stoiber Eddy ("ähh Problembären ähh") ist legendär, sogar die New York Times
berichtete. Titel: "Herr Bruno Is Having a Picnic, but He's No Teddy Bear".

Erste wackelige Fotos mit Handy-Kameras wurden gemacht. Mountainbiker und Wanderer sahen den Bären im Alpenraum rund um Garmisch regelmässig und konnten sich bis auf unter 50m nähern. Seine Wanderroute liess sich anhand getöteter Haustiere gut nachvollziehen.


Schnell wurde aber erkannt, das Bruno einige Probleme beschert. So ein Tatzenhieb kann schon weh tun. U
nd nicht alle Bären sind putzige Teddybären der Firma Steiff.

JJ1 (sein B
ehördenname) war ein Vagabund und Schmarotzer menschlichem Überflusses. Nichts anderes hatte er von seiner Mutter "Jurka" im slowenisch-italienischen Grenzgebiet gelernt. "Gehe in die Nähre menschlicher Siedlungen, da gibts Hähnchen, Schafe, Honig und Abfall im Überfluss. -"Wenn du mit Gummigeschossen vertrieben wirst, gehe nicht wieder in das Dorf zurück, sondern in das nächste. Kreischende Menschen nerven zwar, tun dir aber nichts".

Die bayrische Staatsregierung erliess also eine Abschussfreigabe. - Proteste von Tierschutzverbänden, Proteste von Jägern, Proteste, Proteste.
Nun sollte JJ1 daher mit Hilfe von finnischen Elchhunden lebend gefangen werden.
Erst: bürokratische Hürden: Dürfen finnische Jäger grenzüberschreitend in Deutschland und Österre
ich bewaffnet eingreifen?
Dann: die Hun
de waren finnischen Schnee, nicht aber bayrischen WM-Hochsommer gewohnt. Man musste den Hunden dass Fell schären, kam dann bis auf 600 m an JJ1 heran, um seine Spur wieder zu verlieren. Er war einfach kurzerhand durch den Sylvensteiner Speichersee geschwommen. Ein Hund ging verloren. Einsatzkosten: 30.000 €.

Erneute Absch
ussgenehmigung, trotz Protesten. Wegen Zitat: "...Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse“.

Aber: Der Landesjagdverband wollte sich keinesfalls an der Hatz auf ein geschütztes Tier beteiligen. Sie warfen dem Umweltminister gar "Kompetenzüberschreitung und Anstiftung zum Wildfrevel" vor
.
Der Polizei wiederum fehlte die Kompetenz zur Jagd auf Grosswild. Hier kommt es dann auch zu meinem Lieblingsereignis. Militante Tierschützer kündigten als Krönung an, ab sofort in Bärenkostümen durch die bayrischen Alpen zu kriechen, um den Abschuss zu verhindern. Ich habe mich damlas köstlich amüsiert.

Nun ging es aber ganz schnell weiter. Die Abschussgenehmigung wurde am 25. Juni erteilt. Am selbigen Abend wurde Bruno an der Knüpfalm, in der Nähe der Rotwand im Spitzingseegebiet gesichtet. Ein Eingreifteam erlegte Ihn um am 26. Juni um 4:50 Uhr früh 150m von der Alm entfernt. Bruno erlag an Verletzungen von Lungenflügel und Leberlappen (ein sauberer Kammerschuss!).

Post Mortem, Anklageflut gegen den Umweltminister, Morddrohungen gegen den Todeschützen (der nicht genan
nt wurde). Zudem ein Streit zwischen italienischen und bayrischen Behörden um den Kadaver. JJ1 sei in Italien geboren. Nein, er sei in Deutschland erlegt, erwiederten die Bayern. Und setzen sich durch.

Heute ist B
runo im besagten Museum ausgestellt. Zu seinem Schutz vor Besuchern steht er sogar hinter Glas. Er räumt gerade einen Bienenstock leer (aha, ein Problembär also!). Mit ihm wurden angeblich ca. 1000 echte Bienen präpariert (stehen die nicht auch unter Naturschutz?).Bär Brubo ausgestopftBruno schürt noch immer Emotionen. Ein Videobeitrag neben dem Schaukasten von Bruno endet korrekt mit den Worten: "...wurde der Bär am 26. Juni erlegt". Ein empörter Besucher neben mir kommentierte aufgebracht: "Nein, getötet ham se Ihn. Getötet!"

Das Museum s
tellt ausserdem die Adaption durch die Medien in Form von Zeitungsartikeln dar. Dabei wurde ein Titel des Satiremagazins "Titanic" unterschlagen.
Die zeigten nämlich damals ein Bild vom SPD-Vorsitzenden Kurt B eck und untertitelten es mit "Problembär außer Rand und Band, knallt die Bestie ab". Der Titel wurde zurecht verboten.

Zum Glück übernahm danach ganz schnell das WM Sommermärchen den Fokus der Berichterstattung.

Was bleibt?
Bayern oder besser Deutschland sollte sich ein vernünftiges Wildtiermanagement für Grosssäuger überlegen. Nicht nur Bär, auch Luchs, Wolf und Elch erobern wieder das deutsche Staatsgebiet.

Was ist zu tun bei einem Bärenangriff?
Auf keinen Fall wegrennen oder auf einen Baum klettern. Das fördert den Angriffsreflex beim Bären. Besser sich auf den Boden legen, zusammenrollen, tot stellen und abwarten was passiert!

2 Kommentare:

  1. Danke für die Verhaltenstipps. Ob das wohl auch im "Berliner Bär" am Bahnhof von MS klappt?

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  2. Ne, im Berliner Bär versucht man es besser lallend mit dem ausgestreckten Zeigefinger: "Ein Pils bitte"!

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