Dienstag, August 10

Georg Elser. Fast.

Ich glaube es war in der 11ten Klasse. Im Geschichts Leistungskurs ging es (mal wieder) um den Nationalsozialismus. Spezialthema: Widerstand im 3. Reich. Klar denke ich mir, Stauffenberg und Weisse Rose. Alles schon einmal gehört. Nein, es sollte ein Referat über einen Mann werden, den ich bis dahin gar nicht gekannt hatte, dessen Tat mich aber nachhaltig beeindruckte. Es ging um den schwäbischen Schreiner Georg Elser. Am 8. November 1939 kam es im Bürgerbräukeller zu München um 21.20 Uhr zu einer spektakulären Widerstandshandlung. Wäre Sie erfolgreich gewesen, hätte die Geschichte des 20. Jahrhunderts neu geschrieben werden müssen.

Georg Elser hatte sich entschieden Adolf Hitler mit einer Bombe zu töten. Im Gegensatz zu vielen anderen Schichten der Gesellschaft, hatte er erkannt, dass das Terrorregime beseitigt werden müsse, um einen Krieg zu verhindern. Bereits im November 1938 reiste Elser daher nach München, um einen geeigneten Ort für das Attentat zu suchen. Nichts bot sich besser an als die Traditionsgastsätte "Bürgerbräukeller".


Seit dem gescheiterten Hitler Putsch 1923 -der ebenda begann, aber schon kurze Zeit später an der Feldherrenhalle endete- trafen sich hier Hitler und die NS Führung immer zur selben Zeit am selben Ort, um den Führerkult zu huldigen. Hitler hielt hier eine seiner Wirtshausreden. Nichts anderes hatte Ihn in den 20ern in München ("der Stadt der Bewegung") gross gemacht.

Georg Elser hatte sich also entschieden Hitler hier zu beseitigen. Er siedelte in den Monaten vor der Tat nach München über. Er nahm eine Arbeit in einem Steinbruch auf, um an Sprengstoff zu kommen.
Er arbeitete tagsüber, ging stets abends im Bürgerbräukeller eine Arbeitermahlzeit essen. Er liess sich nach der Sperrstunde heimlich in einem Lagerraum der Gasstätte einschliessen, um heimlich und riskant das Attentat vorzubereiten. Es sollte mehr als 30 Nächte zwischen August und November 1939 dauern. Elser schuf einen Hohlraum in einem Pfeiler hinter dem Rednerpult und baute die Bombe mit einem Zeitzünder hinein. Die Bombe explodierte nach Plan am 08. November um 21.20 Uhr.

Schlechtes Wetter war es, das Hitler veranlasste die Veranstaltung an diesem Abend früher zu verlassen, um mit der Bahn -statt wie geplant mit dem Flugzeug-
zurück nach Berlin zu reisen. Er entging dem Attentat um exakt 13 Minuten. Gemeinsam mit Ihm verliessen auch sein Stab um die NS Verbrecher Himmler, Göhring und Goebbels den Saal früher.

8 NSDAP Mitglieder wurden bei der Detonation getötet, 13 schwer verletzt. Der Saal reichlich beschädigt. Elser wurde schon vor der Explosion der Bombe an der Schweizer Grenze festgenommen. Er hatte sich verdächtig gemacht, weil er Teile eines Bombenzündmechanismus und eine Ansichtskarte vom Bürgerbräukeller in der Tasche hatte. Warum er dieses explosive Gepäck dabei hatte, wusste wohl nur er selbst.

Man machte Ihn schnell als Schuldigen für
das Attentat aus. Nur konnte man an einen Einzeltäter nicht glauben. Man vermutete den britischen Geheimdienst hinter dem Attentat und folterte Elser.




Schliesslich steckte man den Täter in ein KZ. Nach dem (gewonnenen!) Krieg wollte man mit Regimegegnern spektakuläre Schauprozesse veranstalten. Letztlich wurde Elser, erst im April 1945, 30 Tage vor Kriegsende, auf Führerbefehl im KZ Dachau ermordet.


Nach dem 2. Weltkrieg blieb Elser eine Anerkennung als Widerstandskämpfer versagt. Man wollte dem einfachen Handwerker wohl nicht zutrauen, was man selbst nicht gewagt hätte. In München war er lange Zeit verkannt und vergessen.


Seit den Tagen des Referats habe ich hohe Achtung vor der Tat dieses Einzelnen. In einer Zeit wo in Deutschland doch so viele Menschen geschwiegen haben, hat er gehandelt.


Erst jetzt ist es mir gelungen den Ort des Attentats ausfindig zu machen und einmal aufzusuchen. Der Bürgerbräukeller wurde 1979 abgerissen. Auf dem Grundstück
befindet sich heute das Hilton City, der Gasteig (eine Art VHS Münchens) und der Hauptsitz der GEMA (steht für: Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte!). Man muss ein wenig auf dem Gelände suchen um einen Hinweis auf den geschichtsträchtigen Ort zu finden.

Exakt an der Stelle, wo die Bombe 1939 in dem Pfeiler explodierte, hat eine Georg Elser Initiative eine Gedenktafel in den Boden eingelassen. Und exakt an dieser Stelle habe ich das Foto gemacht.


Mit gemischten Gefühlen schaue ich auf die Bronzetafel zu meinen Füssen. Eine Stelle an der die Geschichte des 20. Jahrhunderts fast umgeschrieben worden wäre. Leider nur fast.

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