Sonntag, November 24

Michael Jackson vs. Dieter Hildebrandt: geheime Denkmäler in München

Nachdem Michael Jackson 2009 verstorben war, wussten viele Münchner Fans nicht wohin mit Ihrer Trauer. Irgendwann stellte jemand eine Kerze auf ein Denkmal vor den bayerischen Hof -Münchens erste Hoteladresse, wo der King of Pop oft übernachtete. Noch heute übersteht das Denkmal jede kritische Diskussion, jede Taubenfutter und Urinattacke und mittlerweile kennt jeder Orlando di Lasso den Rennaisance Musiker, dem das Denkmal eigentlich gewidmet ist und somit mit geehrt wird.

Große Verwirrung auch im Sommer. Im Rahmen der Aktion "A Space Called Public" hatte ein Künstler das benachbarte Denkmal zu einer Huldigungsstätte für Michael Jacksons verstorbenen Affen "Bubbles" gemacht. Der Aufschrei der Fans war groß. Als ich heute das Bild vom Jacko Denkmal gemacht habe, war das Bubbles Denkmal aber gone.

Spontanen Gedenkstätte für den größten Kabarettisten Deutschlands in Schwabing

 

In dieser Woche verstorben ist Dieter Hildebrandt. Ok, klar ich kannte Ihn von diversen Auftritten im Fernsehen, z.B. in "Neues aus der Anstalt". Allerdings bin ich nicht so ein großer Kabarett Fan. Das ist mir einfach zu bissig und zu zynisch. Ich mag es da eher harmonisch.

Erst ex post habe ich nun erfahren wie großartige Dieter Hildebrandt wirklich war. Zum Beispiel hat die SZ hier einige seiner Top-Videos gesammelt. Spitze finde ich seinen Satz:

"In Bayern ist das kein Missbrauch, sondern Brauch"

Die Süddeutsche war auch auf einer Doppelseite voll mit Hildebrandt-Todesanzeigen:

Eigentlich haben die große Anzeige links alle namenhaften deutschsprachigen Kabarettisten unterzeichnet: Monika Gruber, Otti Fischer, Bruno Jonas, Lisa Fitz, Michael Mittermeier oder Werner Schneyder und Josef Hader. Wahrscheinlich sind viele erst über seine Popularität zu dem Beruf gekommen.

Immerhin trat Hildebrandt schon seit den 50er Jahren auf den Münchner Bühnen auf (über 60 Jahre - Wahnsinn!). Eine der bekanntesten Adressen in Deutschlands Kabarett Karte hat er sogar selbst mitbegründet. Die Münchener Lach- und Schiessgesellschaft. In den 60er Jahren wurde von hier immer an Silvester deutschlandweit ins Fernsehen übertragen. Im Dezember wollte der 86 Jährige sogar nochmal eine Abschiedsvorstellung geben. Titel: "Kommen Sie zum Schluss, Hildebrandt".

Und nun endet dort sein Kreis. Vor der Lach und Schiessgesellschaft im beschaulichen Schwabing haben Bewunderer Hildebrandts angefangen Blumengestecke, Rosen und selbstgeschriebene Gedichte abgelegt haben. Ähnlich wie beim Tod von Michael Jackson gibt es kein Hildebrandt Denkmal in München.


Eigentlich habe ich gedacht, er wäre nach Bernd Eichinger ein weiterer Kandidat für den prominenten Schauspieler Friedhof in Alt Bogenhausen. Hier liegen auch noch Erich Kästner, Rainer Werner fassbinder oder Helmut Fischer (Monaco Franze) begraben. Nein er soll laut Medienberichten in Perlach begraben werden. Mir soll es recht sein, ein Denkmal wird Dieter Hildebrandt in absehbarer Zeit in München aber mit Sicherheit bekommen.


Sonntag, November 10

Eingemauert in Schwabing: Besuch beim geheimnisvollen Gurlitt Wohnblock

Nachdem ich schon einmal vom "Crime of the Century" in Australien gelesen habe, hat dies Ereignis wohl das Zeug zum "Art-Crime of the Century"! Und das hier in München!

Wie in dieser Woche der Focus herausfand, wurden in einer Wohnung in München-Schwabing, Kunstwerke im Wert von einer Milliarden Euro gefunden. Gemälde verschollen seit der Nazi Zeit. Dürer, Spitzweg, Chagall, Nolde, Kandinsky, Picasso und Toulouse-Lautrec: Unter den Künstlern befinden sich all Maler, die die Münchner Pinakotheken zu Weltruhm verhelfen und die Isarstadt zu einer Kunstmetropole machen.

Der Sohn des Kunsthändlers Hildebrandt Gurlitt -"Constantin Gurlitt" bewohnt(e) das Appartement in Schwabing, gemeinsam mit Konservendosen und Trockenknödeln. Man soll Ihn nie gesehen haben, immerhin war er gar nicht in München gemeldet, zahlte keine Steuern und selbst die Rundfunkanstalt hatte Ihn nicht auf dem Zettel.

Dennoch fand der Fall nun Aufnahme in der Weltpresse:

*Who ist the Mystery men behind Germany's 'Nazi-looted' art haul? (CNN)   
*Report of Nazi-Looted Trove Puts Art World in an Uproar (New York Times)
*British doctor believes family's missing masterpieces among Nazi art trove (Daily Telegraph)


Oder mit den Worten der Yellow Press, auf die in solchen Fällen immer Verlass ist:


*Heil Hidler: Nazi art hoarder has second stash of pics 
*Matisse, Chagall and Dix pieces found in Munich Nazi flat 
*Nazi art worth £1BILLION found in shabby flat after dealer's son hid Picasso and Renoir

Gurlitt Wohnung Schwabing Munich

Angestachelt von den reißerischen Berichten in den Medien, ging auch ich zunächst von einem Mega Kunstverbrechen im Rahmen von Nazi Beutekunst aus. Ich freute mich bereits auf eine 4. Pinakothek mit der Gurlitt Sammlung...

Leider sind die Dinge meistens komplizierter als man denkt. Viele der Bilder scheint der Vater des geheimnisvollen Herrn Gurlitt nämlich rechmässig erworben zu haben. Sie sind daher nun mutmaßlich in das Eigentum des heute 80 jährigen Schwabinger Rentners übergegangen.

Sein geheimnisvolles Leben finanzierte der alte Herr durch gelegentliche Verkäufer seiner Bilder zumeist in Schweizer Auktionshäusern. Wahrscheinlich hatte er auch ein Schweizer Bankkonto. Den deutschen Behörden war er aufgefallen, als er mit einer großen Summe Bargeld von der Schweiz auf dem Weg nach München war.

In München lebte er in einem Wohnblock in Schwabing. Es muss ein einsames Leben gewesen sein. Keinem durfte er verraten, keinem durfte er zeigen was für Schätze auf 30 QM in seiner Wohnung schlummerten. Nur alle Jubeljahre wurde ein Kunsthändler informiert dieses oder jenes Bild abzuholen.

Bilder wie das obige des Appartement-Blocks in Schwabing geisterte jedenfalls durch die Weltpresse. Grund genug für mich das Versteck einmal aufzusuchen. Doch wie findet man die Adresse eines Phantoms nur anhand eines Photos. Mein Spürsinn wurde geweckt. Die Abendzeitung gab mir letztlich den entscheidenden Hinweis: Eine Nachbarin wurde über den ominösen Herrn Gurlitt interviewed. Und Gräfin Valvasori wusste einiges zu berichten. Zum Glück war die adelige Dame nicht so zurückhaltend mit Ihren Daten wie Ihr Nachbar und vertraute auf einen Eintrag ins öffentliche Telefonbuch.

Auf ging es für mich zum Artur-Kutscher-Platz 1 an die Münchner Freiheit. Etwas Schmunzeln musste ich, als ich feststellte, dass ich hier bereits bei der letzten Bombennacht von Schwabing -der Entschärfung der Fliegerbombe- Stunden verbracht habe. Herr Gurlitt muss hier knapp einer Evakuierung entgangen sein, aber einen Wahnsinns Blick auf das Bomenentferno gehabt haben.

Der Wohnblock machte auf mich einen abweisenden Eindruck. 6 stöckige kalte Krieg Optik, dafür aber mit jeder Menge großer Balkone und Dachterassen für sonnenverwöhnte und zahlungskräftige Münchener. Auf den ersten 3 Metern Richtung Hauseingang starrten mich 3 Verbotsschilder an: Keine Fahrräder, keine Hunde, kein Zutritt. 

Gurlitt Wohnung schwabing

Ein Blick in das Foyer offenbarte einen Empfangsbereich fast von Hotelgröße und 2 Fahrstühle. Typisch Schwabing: Wohnung mit großem Balkon, nahe am Englischen Garten, Sonnenseite. Dafür  werden beim äußeren Abstriche gemacht. Dafür hat man seine Ruhe.

Direkt neben der Wohnanlage ein Taxistand, an dem Fahrzeuge mit laufendem Motor warteten. Die Fahrer wussten um Ihr Geschäft. Die alten Herrschaften der Umgebung zahlen sicherlich gerne in bar und mögen keine Öffis.

Eine echte Überraschung wartete bei der Ansicht des Türschildes. Alles fein säuberlich alphabetisch sortiert, damit man sich schneller zurecht findet. So fiel mir ein Name in der Mitte des silbernen Klingelschildes sofort ins Auge: "Gurlitt". Geklingelt habe ich nicht.

Türschild Gurlitt Wohnblock schwabing

Das sieht nach Nolympia aus, oder?

Gleich 2 Münchener Lokalereignisse schaffte in dieser Woche den Sprung in die Weltpresse. Nicht nur in München auch in drei weiteren bayerischen Austragungsorten wird heute darüber abgestimmt ob München sich für Olympia 2022 bewerben soll. Lange habe ich mit mir nach der letzten grandios gescheiterten Bewerbung gerungen. Am Ende hat sich der Sportsgeist durchgesetzt und heute habe ich mit "ja" gestimmt. Die Gründe dafür sind etwas banal.

Zum einen glaube ich nicht, dass nach Sotchi und diesem Samsung Retorten Ort in Südkorea es Zeit für "normale" Oly-Spiele ohne viel Tam Tam wird. Das Deutschland sowas kann haben wir bei der WM 2006 gesehen.

Der 2. Grund ist zeimlich egoistisch. Als begeisterter Wintersportler kann ich als Münchner von neuen Sportstätten und besseren Anfahrtswegen nach Garmisch und Co direkt partizipieren. Leider verheissen erste Auszählungen nichts gutes: http://www.br.de/nachrichten/oberbayern/buergerentscheid-olympia-oberbayern-100.html

Mein Eindruck im Wahllokal scheint sich zu bestätigen. Bei mir im Westend waren eher junge Leute unterwegs mit kritischem Blick. Die Alten saturierten Olympiafans haben sich bei dem Shitwetter wohl nicht aus Ihrem Häuschen getraut.....


Das 2. Ereignis behandelt die Münchner Kunstszene. Ich behandle es lieber in einem eigenen Post....