Bei meiner abendlichen Radltour durch München stutzte ich. War doch die Ludwigstraße schon zwischen Feldherrnhalle und Siegestor gesperrt. Ein gern angenommener Anlass um einfach einmal über Münchens - Prachtboulevard in Schlangenlinien zu radeln. Natürlich hatte ich von der gefundenen Fliegerbombe unter der Schwabinger 7 gehört. Allerdings schon längst mit einer Entschärfung gerechnet. Pustekuchen: Es sollte noch sehr spannend werden.
Wer unter 70 Jahren kann schon behaupten bei der Explosion einer Fliegerbombe aus dem Weltkrieg dabei gewesen zu sein? Also umrundete ich mit dem Radl zunächst einmal die Fundstelle. Die allerdings konsequent von Polizisten mit Megaphonen durch Flatterband abgesperrt war. Im Umkreis von 300 Meter kam keiner mehr in sein Haus/ oder aus dem Haus heraus. Und das bereits seit mehr als 24 Stunden. Also verbrüderte ich mich mit ungefähr 50 Menschen, die einen Gürtel um die Absperrung am östlichen Ende der Feilitzschstraße (hier lag die Bombe) -fast am E-Garten- bildeten.
Druckwelle einer Bombe
Wahrscheinlich wäre ich nach 3 Minuten einfach weitergefahren. Wenn ich nicht umgehend von einem Polizisten aus 3 Metern Entfernung mit einem Megaphon freundlich angebrüllt worden wäre: "BITTE VERLASSEN SIE SOFORT DIE STRASSE; SIE STEHEN DIREKT IN DER DRUCKWELLE DER BOMBE". Großartig. Wußte ich bis dato gar nicht, dass die Bombe wirklich gesprengt wird und dann auch noch solch eine Wirkung entfaltet. Das klang spannend, also wartete ich und hörte weiter zu. Ich sollte es nicht bereuen.
Einige Anwohner waren am Dienstag abend bereits über 26 Stunden aus Ihren Wohnungen ausgesperrt. Einige waren schon erschöpft und kurz davor, die Absperrung eigenhändig zu durchbrechen um Ihre Hunde und Katzen aus der Wohnung zu retten oder Familienangehörige zu evakuieren. Sie schimpften auf dilletanttische Sprengexperten und inkompetente Feuerwehrmänner, die nicht in der Lage seien, eine Bombe zu beseitigen.
Sprengmeister im Einsatz fürs Foto (Kurzendoerfer, Merkur Online) |
Dafür sehen die beiden Jungs im Overall aber noch echt ruhig aus, als hätten Sie den entspanntesten Job der Welt. Es war sogar Zeit für ein Poserfoto auf der Bombe! Ist das ein Sprengstoffspürhund? Jedenfalls leckt er sich die Nase auf dem Pulverfass.
Aber zurück zum Bürgermob vor den Polizisten im Megaphon. Mittlerweile war der Zorn eher Sarkasmus gewichen. Mir wurde sogar mit dem Radl die Ehre zu Teil Bier vom Kiosk zu holen. Was ich gerne machte, zumal ich ja nur interessierter Beobachter war und die BEtroffenen gerne unterstützte.
Hashtag und späte Rache
Jüngere Anwohner erklärten derweil älteren Nachbarn, was der Nachrichtendienst Twitter (Hashtag #Bombe) sei. Nämlich so eine Art "Bürgerfunk". Viel wurde über das "alte" Schwabing mit Künstlern und Kneipen philsophiert, die dem Kapital und Büros weichen mussten. Die Bombe lag direkt unter der Theke der alten Kultinstititution und Kneipe "Schwabinger" für die lange vergeblich gekämpft wurde. Liebevoll "Schwasi" oder nur 7 genannt. Schnell macht daher der flotte Spruch der "späten Rache der Schwabinger 7" die Runde.
Langsam wurde es dann aber wieder ernst am Flatterband. Über eine Stunde warnte ein Auto mit Lautsprechern vor der bevorstehenden Sprengung der Bombe. Bewohner im Sperrgürtel wurden aufgefordert die Fenster zu schließen und die Hörgeräte herauszunehmen. Niemand war sich zu diesem Zeitpunkt klar, welche Wirkung eine solche Bombe entfaltet. Auch die Polizisten trugen mit Megaphon Spekulation nicht zur Beruhigung der Lage bei. Wieviel sind 250kg Sprengstoff? Antwort der Polizei: "Weniger schlimm als 500kg Sprengstoff".
Countdown 2 Minuten
Um kurz vor 10 Uhr wurde es entgültig ernst. Selbst die Pozilei bekam den Befehl sich in die Mannschaftswagen zurückzuziehen, während wir weiterhin neben der vermeitlichen Druckwell ausharrten. Per Megaphon wurde ein Countdown von 2 Minuten angekündigt. Die ersten hielten sich die Ohren zu. Kameras und Mikrophone richteten sich gen Bombenort. Die Ersten hielten sich die Ohren zu. Andere empfohlen den Mund zu öffnen um den Druckauszugleichen un die Trommelfelle zu behalten. Es wurde totenstill. Es war 21:56 Uhr.
21:57 ein ohrenbetäubender Knall, wie von einer Rohrbombe oder einem Chinaböller XXL in der Telefonzelle neben an. Aber leider keine Druckwelle. Neben uns schäppert es plötzlich. Tatsächlcih kommt ein Bombensplitter aus Metall neben uns runter. Halbsogroß wie ein Gullideckel. Glühend heiss. Der erste Verlezte der Bombennacht wird beklagt. Er verbrennt sich die Hände als er sich den Bombensplitter als Souvenier sichern will. Der Himmelwird von der Explosion kurz hell erleuchtet, überall fliegendes glühendes Stroh im Nachthimmel. Schnell bildet sich eine Ascheschicht auf den Schultern. Alle atmen aber erleichtert auf. Der Schrecken ist vorbei. Eine der letzten Bombenkriegdetonationen ist überstanden. Und das nicht im Luftschutzkeller, sonder mit nem Bierchen am Rand des englischen Gartens unter grünen Bäumen.
Leider zerbersten rund um die Detonation viele Scheiben und Schaufenster. Auch kann die Feuerwehr einige kleiner Brände nicht verhindern. Insgesamt wird aber ein positives Fazit gezogen werden. Ich kann von mir behaupten, ich war mal bei einer Bombennacht dabei.
Nicht aber kann ich das behaupten was Hertha Wimmer eine 92 jährige Anwohnerin der TZ erzählte:
"Diese Bombe hat uns gegolten"
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